Neulich erreichte mich der schlechteste Akquise-Anruf, den ich jemals erhalten habe. Tatsächlich war der Anrufer so schlecht, dass ich nach dem Anruf erstmal losgelacht habe. Fragen und Zuhören ist eine Kunst.
Ein Kollege von mir hat immer gesagt: “Niemand ist nutzlos, er kann immer noch als schlechtes Beispiel nützen.” Als ich das Gespräch noch einmal durchdacht habe ist mir aufgefallen, dass der Hauptgrund für das Mißlingen des Anrufes ein Mißverständnis war.
Fragen zu stellen ist nicht das Gleiche wie zuhören. Und an dieser Stelle scheitert das Gespräch grandios:
Der Anruf
Anrufer: “Guten Tag, spreche ich mit Christoph Kohlhof”
Ich: Stille – “Nein” – Stille
Ich: “Sie sprechen mit Christian Kohlhof” – hier war ich noch super gut gelaunt und fand mich witzig.
Anrufer (schnippisch): “Hab ich doch gemeint” – Alarmstufe grün, kein Humor.
“Darf ich gleich zum Punkt kommen” – Aha, Vertriebstraining absolviert
“Klar”
“Wir haben Ihnen vor einiger Zeit ein Angebot geschickt, haben Sie das erhalten?” – und schon wieder eine geschlossene Frage – wohl nicht aufgepasst beim Vertriebstraining.
“Darf ich gleich zum Punkt kommen?” – Gegenfrage um den Antwortreflex zu unterdrücken.
“Äh, ja”
“Das Schreiben war so generell gehalten, und so wenig auf mich zugeschnitten, dass ich es weggeschmissen habe” – es ging um Facebook Marketing. Ich bin nicht bei Facebook.
“Warum machen Sie denn kein Facebook Marketing?” – Die Warum-Frage bringt mich sofort in die Defensive – Alarmstufe gelb
Ich antworte irgendeinen Schmarren von wegen, trifft auf mich nicht zu, brauche ich, will ich nicht. Nichts was dem Anrufer Mehrwert bot.
“Sie wissen fei schon, dass Sie dadurch Geld verlieren?” – “fei” ist bayerisch für “wohl”.
“Äh, nein”
“Sie wissen fei schon, dass sie auf ihrer Webseite facebook-Pixel gesetzt haben?”
“Äh, nein, vielleicht, doch – ich möchte kein Facebook Marketing schalten, außerdem schalten wir für die COA Academy zwischendurch facebook Marketing, nur selten und das macht der Michael” – Alarmstufe rot, ich war in Selbstverteidungshaltung, obwohl mir das Gespräch bisher gar nicht wichtig war.
“Sie wissen fei schon, dass facebook das gar nicht mag?” – ich werde bedroht und denke darüber nach einfach aufzulegen.
„Äh, nein“
“Ich sehe schon, dass sie nicht der geeignete Kunde für mich sind” – der Abrufer legt auf.
Fragen und Zuhören
Richtiges Fragen und aktives Zuhören eröffnet viele Chancen. Manager und Führungskräfte – und in diesem Fall auch Vertriebler – die beide Fähigkeiten gezielt einsetzen und immer weiter verfeinern, profitieren von drei Vorteilen, sie
- bauen bessere Beziehungen zu ihren Gesprächspartnern auf
- generieren mehr Optionen für die Entscheidungsfindung
- stellen die Weichen für eine entspannte Produktivität
Bessere Beziehungen
Die erste Frage: ““Guten Tag, spreche ich mit Christoph Kohlhof” und meine negative Antwort. Hier kann ein Witz oder eine Entschuldigung helfen.
Die schnippische Reaktion hat mich schon mal emotional vorgespannt. Nit einer anderen Reaktion des Anrufers hätten wir vielleicht schnell Freunde werden können.
Mehr Optionen durch Fragen und Zuhören
Meine Vertriebstrainings sind schon ein wenig her und ich erinnere mich an den Trichter. Mit offenen Fragen anfangen, den Kunden verstehen, mit der Zeit die Fragen geschlossener gestalten.
Angst ist dabei ein schlechter Ratgeber – jedenfalls für mich. Zwei Drohungen in zwei Minuten sollten mich wohl einschüchtern.
- Sie verlieren Geld
- facebook mag das gar nicht
Vielleicht nutzt mir facebook Marketing tatsächlich etwas, und darum ging es in dem ganzen Gespräch nicht. Es ging um die Vermeidung von Schmerz, den ich nicht empfinde und nicht um einen guten Nutzen für mich und mein Business.
Welche Optionen habe ich den eigentlich? Und welchen Nutzen?
Weswegen schlafe ich schlecht …?
Entspannte Produktivität
Ich bin neugierig und hätte vielleicht sogar gekauft. Die einzige Möglichkeit für mich das Gespräch in eine produktive Richtung zu lenken wäre gewesen mich vollkommen unterzuordnen.
Höchstwahrscheinlich bin ich nicht der einzige, der an diesem Tag so am Telefonat reagiert hat. Und ich hätte sicher Interesse gehabt, wenn das Telefonat nicht schon am Anfang in die angespannte Richtung gegangen wäre.
Der Anrufer hat es mir auch wirklich nicht leicht gemacht …..
Bildnachweis: knallgrau / photocase.de
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Christian Kohlhof ist der MentorCoach. Sein Purpose ist es Unternehmern zu helfen mit ihren schnell wachsenden Unternehmen ihre Ziele zu erreichen – mit Hilfe ihrer Mitarbeiter.