Amalthea Ventures Blog

Alle paar Jahre trifft uns eine Krise. Eine Finanzkrise, oder eine Liquiditätskrise im eigenen Unternehmen oder eine Pandemie.

Es kommt immer überraschend und ja, ich will dann immer gleich alles auf einmal machen und bin bereit gute Gewohnheiten von einem Tag auf den anderen umzuschmeißen. Und es dauert eine Zeit, bis ich mich darauf eingestellt habe.

Auch für die Mitarbeiter kommt das überraschend. Viele wollen es nicht wahrhaben, suchen die Schuld bei anderen und sind erstmal damit beschäftigt alle Links und Bilder weiterzuleiten, die sie über Whatsapp oder Ähnliches kriegen.

Erstaunlicherweise gelten für die Führung in der Krise viele Dinge, die auch außerhalb von Krisen gelten – sie gelten nur noch mehr:

Unsicherheit kommunizieren

Meine Aufgabe in der Rolle des Unternehmers ist es, ein Unternehmen zu bauen, dass funktioniert und (im besten Fall) ohne mich funktioniert. Dafür kümmere ich mich darum, dass es eine Strategie mit allen wichtigen Aspekten gibt.

Im Normalfall reduziere ich durch meine Arbeit die Unsicherheit im Unternehmen. Die Unsicherheit der Märkte, der politischen Landschaft, der Finanzierung und viele andere. Im Unternehmen dagegen darf die Sicherheit höher sein. Sichere Arbeitsplätze, verlässliche Vorgesetzte, gute Strukturen, funktionierende Prozesse, eine formulierte Strategie, Werte und vieles andere.

Mit Ausgangsbeschränkungen, Betriebsschließungen, Kurzarbeit und Zukunftsangst wird die externe Unsicherheit so groß, dass ich diese nicht mehr draußen halten kann.

Deswegen darf ich den Mitarbeitern sagen, dass ich unsicher bin. Es ist plötzlich alles anders und ich weiß höchstwahrscheinlich auch nicht, wie es weitergeht.

Ehrlichkeit und Klarheit

Die Mitarbeiter haben gerade in kniffeligen Situationen – und auch sonst fast immer – sehr feine Antennen dafür, ob ich als Chefin oder als Chef ehrlich bin. Sogar dann, wenn ich nicht mal ehrlich zu mir selber bin.

In einer Krisensituation ist es oft das ehrlichste, wenn ich mir offen eingestehe, dass ich nicht wirklich weiß wie es weitergeht.

  • werden wir das überstehen?
  • ist mein Arbeitsplatz sicher?
  • wann wird die Krise vorbei sein?
  • … und geht es dann so weiter wie davor?

Ich weiß es nicht!

Und wir machen jetzt zusammen eine Bestandsaufnahme, und werden uns erstmal einig, was gerade Sache ist und auf welche Fakten wir uns verlassen wollen.

Wie fühlt sich das an?

Unsicher, verletzbar und auf der anderen Seite offen und ehrlich.

Pläne ändern

Meine Aufgabe ist es dann, Pläne zu erstellen und wieder umwerfen. Das hat dann nichts mit Unentschiedenheit oder Wankelmut zu tun. Wenn sich die äußeren und innere Umstände ändern, darf ich auch Pläne ändern.

Wohlwissend, das diese Fakten sich im Laufe der Zeit ändern können, dass wir unseren Ansatz im Laufe der Zeit wieder an neue Entwicklungen anpassen können und dass unser Denken seine Richtung ändern kann.

Die anderen sind auch schlau

Die Mitarbeiter kennen das Unternehmen und sich und mich und wissen höchstwahrscheinlich genau, was zu tun ist – vielleicht sogar besser als ich.

Nur wenn ich frage, erhalte ich auch antworten. Und die Mitarbeiter antworten gerne. Wenn sie gefragt werden.

Wie priorisiere ich?

Plötzlich ändert sich der Trott und es gibt viel zu viel zu tun. Wie finde ich raus, was ich als erstes tue? First things first!

Mir hat hierbei immer diese einfache Matrix geholfen, die ich auch mit meinen Mitarbeitern immer wieder durchgearbeitet habe.

Wichtig und Dringend: Das sind die Sachen, die jetzt passieren müssen. Sie sind wichtig und es gibt einen Termin den ich unbedingt halten will.

Wichtig und Un-Dringend: Das sind die Sachen, die wirklich passieren müssen. Nicht unbedingt jetzt. Und doch unbedingt. Das ist der schwierigste Quadrant. Manche Sachen werden leider einfach nicht dringend bis es zu spät ist.

Un-Wichtig und Dringend: Kann man machen, muss man nicht. Vielleicht wird’s irgendwann wichtig und dann landet es im ersten Quadranten. Ideal zum Delegieren.

Un-Wichtig und Un-Dringend: Einfach sein lassen. Hier sammeln sich manchmal gerne die einfachsten Sachen. Wenn ich das erledige habe ich doch schon was geschafft. Das stimmt – leider nur nichts wichtiges.

Wer trifft Entscheidungen in der Krise?

Eine Sache, die auf jeden Fall wichtig und dringend ist, das Entscheidungen getroffen werden.

Wie beim Baseball – der Ball kommt angeflogen, der Batter muss den Ball schlagen. Den Ball nicht zu schlagen ist immer die schlechteste Entscheidung.

Und wer trifft Entscheidungen? Auch hier hilft wieder eine schöne 2×2 Matrix:

I decide: Ich entscheide und das gilt dann. Ohne Deinen Input.

I+ decide: Ich entscheide – mit Deinem Input.

U decide: Du entscheidest und das gilt dann.

We decide: Und zwar nach einem vorher festgelegten Modus – z.B. Diskussion mit folgender Mehrheitsentscheidung.

Am einfachsten geht es, wenn zu der Formulierung der Entscheidung die getroffen werden soll, auch entschieden wird, wer die die Entscheidung nach dieser Matrix trifft. Und dann wird sich auch daran gehalten. Alle stehen dann hinter der Entscheidung und ziehen sie durch.

Nach der Krise ist vor der Krise

Ein Buch, dass gerade jetzt ein Riesen Comeback erlebt hat ist “The Black Swan” (1) über den Impact von hochgradig unwahrscheinlichen Ereignissen. Diese sind erstens vollkommen außerhalb unseres Erfahrungsschatzes, zweitens haben sie einen extremen Impact und sind nur im Nachhinein verstehbar.

Als die Corona-Krise zuschlug haben wohl viele diese für einen “Black Swan” gehalten. Sehr zum Missfallen des Autors, der über Twitter mitteilte, dass so eine Pandemie eben doch aus der Geschichte bekannt und absolut vorhersehbar seien.

Was sind die Krisen, mit denen Du als Chef rechnen kannst? In Deinem Unternehmen, in Deinem Land, in Deiner Familie.

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(1) “The Black Swan” von Nassim Nicholas Taleb

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Christian Kohlhof ist der MentorCoach. Sein Purpose ist es Unternehmern zu helfen mit ihren schnell wachsenden Unternehmen ihre Ziele zu erreichen – mit Hilfe ihrer Mitarbeiter.

Weitere Inhalte zu diesem Thema auch in unserem Podcast der COA Academy in der Folge: „Entscheidungen – Jetzt!“