Amalthea Ventures Blog

Es war das erste unserer Meetings im „James-Bond-Raum“. Ein runder Besprechungstisch mit einer riesigen halbkugelförmigen Lampe darüber. Da der Raum nur zwölf Sitzplätze hat und es vierzehn Teilnehmer waren standen wir zwei Geschäftsführer außerhalb der Gruppe, aufgrund des runden Tisches immer im Rücken von irgendjemandem.

Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine wirkliche Meetingkultur. Wir hatten kein gemeinsames Verständnis über Formate, Rhythmen und Meetingregeln. 

Da wir einige operative Probleme hatten, wollte wir mit diesem einmaligen Allroudmeeting alle auf einmal lösen. Personalthemen, Mitarbeitermotivation, Kundengewinnung, Kostenkontrolle und Umsatzsteigerung.

Die Mitarbeiter schauten sich an dem runden Tisch gegenseitig entgeistert an oder schauten betroffen auf den Tisch, während wir um den Tisch herumtigerten und redeten. Je mehr wir redeten umso betretener wurde die Stimmung und wir redeten umso mehr.

Dieses Meeting war kein Erfolg. Andererseits war es vielleicht schon ein Erfolg. Wir wussten ja nicht woran wir erkannt hätten, dass es ein Erfolg war.

Meetings: 5 einfache Regeln um wirklich schlechte Meetings zu führen

Regel #1 – Alles auf einmal wollen

Ich wollte alle Probleme auf einmal lösen. Es gab Dinge zu diskutieren, wir mussten uns Meinungen bilden. Es gab Informationen weiterzugeben und es gab Entscheidungen zu treffen. Und dabei erstmal noch alle Mitarbeiter auf die nichtformulierte Strategie, die nichtformulierten Werte und den nichtformulierten Zweck des Unternehmens einzuschwören. Was für eine Aufgabe für ein einzelnes Meeting!

Es helfen folgende Fragen:

  • Was ist der Zweck des Meetings?
  • Woran erkenne ich, dass es ein gutes Meeting war?
  • Ist es ein Meeting für Diskussion (Meinungsbildung) ODER für Entscheidungen ODER für Weitergabe von Information?
  • Wer sind eigentlich die richtigen Teilnehmer für das Meeting? 

Regel #2 – Keine Agenda haben

Keine Agenda zu haben ist sehr praktisch. Egal was wir in dem Meeting machen, es passt immer. Wir können das Thema wechseln, wenn wir feststecken. Wir können solange diskutieren wie wir wollen ohne zum Punkt kommen zu müssen. Und einzelne Teilnehmer können das Meeting für ihre Themen kapern. Und wir haben nach hinten raus soviel Zeit wie wir wollen. 

Eine offene Diskussion am Ende hilft, das wirklich alle demotiviert und ohne Ergebnis aus dem Meeting gehen.

Es helfen folgende Agendapunkte:

  • Welche Art Meeting ist es? Diskussion ODER Information ODER Entscheidung.
  • Wann fängt das Meeting an – wann hört es auf?
  • Wer ist der Moderator?
  • Wer ist der Timekeeper?
  • und wer ist der Parkplatzwächter (sammelt die Themen, die vielleicht nicht auf die Agenda passen und die am Ende des Meetings verteilt werden)
  • Parkplatz – hier werden die gesammelten Themen verteilt

Regel #3 – Alles selber machen – reden, moderieren, präsentieren

Wenn ich während des gesamten Meetings selber rede wird alles viel einfacher. Ich muss mich nicht mit Einwänden herumschlagen, habe die volle Themenkontrolle und kann mir alle Sorgen meines Unternehmerdaseins vom Herzen reden. Ich bin derjenige der alles kann und alles lösen kann.

Meine Mitarbeiter haben dann auch keine eigenen Ideen, die vielleicht mein Weltbild in Frage stellen könnten.

Es hilft folgendes Mindset:

  • Wer Fragen stellt führt
  • Wenn ich der Klügste im Raum bin und alles selber machen muss, habe ich bei der Mitarbeiterauswahl was falsch gemacht
  • “Wir haben zwei Ohren zum Hören, und nur einen Mund zum Reden”
  • Meetings sind eine tolle Gelegenheit Mitarbeiter zu entwickeln. Sie können lernen zu präsentieren und zu moderieren LINK: Mitarbeiter Entwicklen. Coaching Opportunity
  • Ich habe nach jedem Meeting ein Feedback Gelegenheit für meine Mitarbeiter

Regel #4 – Meetings nur bei Bedarf

Es ist vollkommen ausreichend, Meetings dann ad-hoc einzuberufen, wenn es nötig ist. Und wann es nötig ist bestimme ich. Meetings halten andere vom Arbeiten ab und sollten unbedingt vermieden werden.

Es hilft der Herzschlag und die Rhythmen im Körper:

  • Unser Herz schlägt 60-90 Mal in der Minute
  • Wir atmen 10-12 mal in der Minute
  • Wir stoffwechseln täglich
  • und schlafen ca. 8h jeden Tag
  • Wir brauchen Erholung alle 7 Tage und viellecht nochmal 30 Tage im Jahr

Analog dazu sehe ich den Herzschlag des Unternehmens:

  • Täglich Stand-Up Meetings – zur kurzfristigen Abstimmung
  • Wöchentliche Jour Fix zwischen Chef und Mitarbeiter
  • Wöchentliche Teammeetings – längerfristige Abstimmung im Team, Teambildung
  • monatliche Strategiemeetings – außerhalb des täglichen operativen Geschäfts an der Strategie arbeiten

Regel #5 – Keine Meetingregeln haben

Ohne Regeln wird jedes Meeting zum Erfolg. Es kann nichts schief gehen, weil es keine Kriterien für ein gutes Meeting gibt.

Beispiele für Meetingregeln:

  • Agenda mit Einladung verschicken
  • Anfang und Ende planen
  • Parkplatz
  • Handys aus
  • nur einer redet
  • Parkplatz
  • Wer macht was bis wann wird am Flipchart geschrieben

Bonus I – das PPP-Update

Jeder Teilnehmer bereitet ein Update nach Progress, Problems, Plans vor:

  • Progress – das habe ich getan um meinen Zielen näher zu kommen 
  • Problems – was hindert mich daran meinen Zielen näher zu kommen – wo brauche ich Hilfe oder Unterstützung
  • Plans – sind meine konkreten Pläne morgen oder in der nächsten Woche um meinen Zielen näher zu kommen

Jeder stellt sein Update vor dem Meeting in ein Tool ein (Slack, Trello, …).

In den ersten 5-10 Minuten des Meeting liest jeder die Updates der anderen.

Alle sind auf dem gleichen Wissenstand, wissen ob jemand feststeckt oder morgen bei einem Kunden sein wird, für den ich auch noch ein Thema habe ….

Alternative für Stand-Up Meetings: Jeder stellt sein Update in maximal 1-2 Minuten vor.

Danach darf jeder Verständnisfragen stellen. Jeder darf jeden fragen.
Probleme werden nicht gleich gelöst, sondern kurz nach dem Meeting bilateral besprochen oder gelöst.

Bonus II – Communication Starter

Teilnehmer, die am Anfang des Meeting etwas gesagt hat, werden mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit auch später im Meeting beitragen.
Deswegen kann es eine gute Idee sein, das Meeitng mit einem Communication Starter zu beginnen. Eine kurze Runde zu irgendeinem (am besten positiven) Thema am Anfang des Meetings:

  • was war Dein größter Erfolg letzte Woche?
  • was sind Deine nächsten Urlaubspläne?
  • was hast Du am Wochenende gemacht?
  • was war das interessanteste was Du letzte Woche erlebt hast?
  • ….

Jeder antwortet kurz und knackig, jeder ein paar Sätze – die Hauptsache ist, dass alle zu Beginn kurz sprechen und dass alle gleich zu Beginn des Meetings involviert werden. Als Nebeneffekt lernen sich alle Team Mitglieder auch noch besser kennen.

Sehr schön ist es auch, wenn grundsätzlich jeder, der auf einer Geschäftsreise, auf einer Messer oder bei einem Kunden war darüber berichtet.

Meetings im James Bond Raum revisited

Ja, wir hatten in den folgenden Jahren mehr Meetings. Und diese waren fast immer weniger emotional, effektiver und haben meistens pünktlich geendet.

Es hat einige Zeit gedauert das alles umzusetzen und es erfordert laufend Disziplin und den Willen effektive Meetings zuhalten.

Klingt doch nach einer tollen Management-Aufgabe, oder?

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Christian Kohlhof ist der MentorCoach. Sein Purpose ist es Unternehmern zu helfen mit ihren schnell wachsenden Unternehmen ihre Ziele zu erreichen – mit Hilfe ihrer Mitarbeiter.