Amalthea Ventures Blog

Ich fahre abends über die Autobahn. Die Sonne ist bereits untergegangen und ich mache die Heizung an. Der Tag war lang und ich bin noch nicht wirklich müde, aber schon etwas hungrig. Am Horizont sehe ich ein bekanntes Zeichen – ich fahre auf den Parkplatz, stelle den Motor ab und steige aus. Es gibt keine Schlange an der Kasse, also tätige ich gleich meine Bestellung und nutze dabei positive Sprache:

“Ich will einen Burger!

„Ich will einen Burger, Pommes und eine Cola bitte!“

Meine Bestellung ist einfach, deutlich und unmissverständlich formuliert. Sie hat ein klares Ziel und kann direkt umgesetzt werden. So bekomme ich, was ich bestellt habe.

Jetzt stellen wir uns das gleiche Szenario etwas abgeändert vor:
Wieder komme ich an, gehe direkt an die Kasse und tätige meine Bestellung. Aber dieses Mal hört es sich ungefähr so an: „Wissen Sie, ich bin jetzt echt schon lange unterwegs und da habe ich mir gedacht, vielleicht wäre jetzt was zu essen gut. Ich habe gesehen, dass hier noch Licht an war und, ich hoffe, ich störe nicht, aber vielleicht können Sie es einrichten, dass Sie – wenn es Ihnen nicht zu viel wird – noch irgendwas zu essen für mich haben. Vielleicht könnten Sie ja mal mit Ihrem Kollegen sprechen, ob der vielleicht in der Küche noch einen Tiefkühl-Pattie hat und den – vorausgesetzt der Herd ist noch an – vielleicht noch drauflegen könnte, das wäre echt klasse und eine große Hilfe für mich, denn ich bin jetzt schon echt lange unterwegs und muss noch mindestens zwei Stunden weiterfahren, wenn nicht noch Stau ist. Ich weiß auch nicht, ob dann bei uns daheim im Kühlschrank noch etwas zum Essen ist, weil meine Frau…“

Ist das positive Sprache?

„Ich will, dass du ab sofort pünktlich zum Meeting erscheinst!“

Sehen wir uns das Ganze jetzt als ein Beispiel im Arbeitsalltag an:
Ein Mitarbeiter kommt immer wieder zu spät zum Meeting. Was sage ich zum ihm?
Frage ich ihn, warum er immer zu spät kommt? Sage ich zu ihm, dass es schön wäre, wenn er mal pünktlich kommen würde? Mache ich ihn darauf aufmerksam, dass alle anderen immer pünktlich da sind?

So bekomme ich nur Antworten, die ich nicht hören möchte und Problemstellungen, die ich nicht lösen kann oder will. (Wecker, die nicht klingeln, Busse, die zu spät kommen, Staus auf der Autobahn …)

Oder aber ich nutze positive Sprache und sage zu ihm: „Ich will, dass du ab sofort pünktlich zum Meeting erscheinst!“

Das ist eine klare und unmissverständliche „Bestellung“, die mein Mitarbeiter direkt umsetzen kann. Ich habe damit deutlich gesagt was ich will, ein klares Ziel formuliert und keinen Platz für Ausreden gelassen. Oder anders ausgedrückt: ich bin nicht im Prozess verhaftet, sondern auf das Ziel fokussiert. Ich rede nicht um den heißen Brei, mache keine Vorannahmen und vor allem: Ich verwende keine negative Sprache.

Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten.

Wenn jemand sagt, du sollst nicht an einen blauen Elefanten denken – siehst du ihn trotzdem? Oder an den Ton, den ein Rettungswagen im Einsatz macht – trotzdem gehört? Bitte denke jetzt nicht an das Gefühl, wenn du mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzt. Und funktioniert‘s?

Wahrscheinlich hast du jetzt trotzdem an all diese Dinge gedacht, denn: Unser Gehirn kann nicht „nicht“ denken. Ein wichtiges Beispiel für ein verstecktes „nicht“ in unserer Sprache ist das Wort „aber“.

Positive Sprache: “Und” statt “Aber”

Stellen wir uns zur Veranschaulichung folgenden Dialog aus unseren Chefseminaren vor:
Michael: „Christian, du hast ein wirklich schickes weißes Hemd an! Aber mir fällt auf, dass du immer weiße Hemden trägst?“
Christian: „Ja und?“

Was passiert hier? Der Satz wirkt wie ein Vorwurf und sehr negativ. Er möchte mir sagen, dass ich mal etwas anderes anziehen soll – aber erreicht er dieses Ziel so? Wie geht es mir damit? Erkenne ich den positiven Teil seiner Aussage oder habe ich nur das Negative gehört? Fühle ich mich ab jetzt immer komisch, wenn ich weiße Hemden trage?

Versuchen wir das Ganze einmal anders:
Michael: „Christian, du hast ein schickes weißes Hemd an UND mir fällt auf, dass Du immer
weiße Hemden trägst“
Christian: „Ja klar, die stehen mir auch sehr gut!“

Jetzt klingt die Aussage schon ganz anders, ich fühle mich bestärkt und sehe es als echtes, positives Feedback.

Also warum sollten wir „aber“ in Sätzen ersetzen? „Aber“ funktioniert in der gesprochenen Kommunikation wie eine Löschtaste. Alles was vor dem „aber“ steht wird einfach gestrichen und durch etwas Neues, meist Negatives, ersetzt. Es überschreibt sozusagen den Speicherplatz.

Das Gleiche gilt für meine Antwort:
Michael: „Christian, du hast ja schon wieder ein weißes Hemd an!“
Christian: „Ja, ABER ich habe ja auch gar keine anderen. Die stehen mir so gut!“

Das „Aber“ bringt mich in eine Verteidigungsposition und lässt mich unsicher wirken. Ich widerspreche reflexartig und gebe eine unüberlegte Antwort.

Jetzt ersetzen wir das „Aber“ durch ein „Und“:
Michael: „Christian, Du hast ja schon wieder ein weißes Hemd an!“
Christian: „Das stimmt, UND ich habe ja auch gar keine anderen. Die stehen mir so gut!“

Jetzt widerspreche ich nicht, sondern höre mir die Aussage meines Gegenübers an, akzeptiere sie und füge eine Begründung hinzu. Meine Antwort klingt jetzt selbstsicher und positiv.

Positive Sprache: “Ja stimmt und nein”

Ein letztes Beispiel aus dem Alltag:
Wenn ich sage: „Ja, das stimmt, ABER ich habe eine andere Meinung“, merkt sich der Gesprächspartner nur, dass ich eine andere Meinung als er habe und hört nicht, was ich von seiner Meinung halte.

Wenn ich es aber so formuliere: „Ja das stimmt UND ich habe eine andere Meinung“, merkt sich der Gesprächspartner nicht nur dass meine Meinung anders ist, sondern auch, dass ich seine Meinung gehört und akzeptiert habe.

(1) Amy Cuddy on ted.com „Your Body Language may shape who you are”

(2) Marc A. Pletzer „Die Cappuccino Strategie“

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